Projektarchiv
perspektiven (1), (2) und (3)
Projektfolge mit drei in sich abgeschlossenen Projekten
entwickelt und realisiert 2005 - 2007 Gemeinde Steinhöfel / Brandenburg Zeitdauer: (1) – 7 Monate (2) – 7 Monate (3) – 8 Monate Beteiligte: (1) – Künstlerin, 40 Gemeindemit- glieder (2) – Künstlerin, 150 Gemeinde-mitglieder (3) – 11 Jugendliche Mitarbeit: Babette Huwald (ÖFA), Johanna Gernenz (Evaluierung) Projektträger: (1) – Landkunstleben e.V. (Initiator) (2) – transForm e.V. (3) – Gemeinde Steinhöfel, Initiative Jugend für Jugend in Heinersdorf Tools: Künstlerische Forschung, Offene Runden, Infopool, Veranstaltung, Ausstellung Ergebnis: 12 Bücher für 12 Dörfer, Konzeptionen für Folgeprojekte, Ortsarchiv, Fotoausstellung. Förderung: (1) privat finanziert (2) Ministerium Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz Brandenburg (2+) Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung (3) Jugend Aktiv! Kooperation: (1) – Lernnetzwerk Bürgerdialog (2) – Landkunstleben e.V., Gemeinde Steinhöfel (3) – Gemeinde Steinhöfel, Jugend für Jugend Heinersdorf |
Kontext
Die Gemeinde Steinhöfel besteht aus 12 Dörfern mit insgesamt 4700 Menschen. Wie viele Gemeinden in Ostdeutschland hat auch Steinhöfel mit Strukturschwäche, Arbeitslosigkeit und Abwanderung vor allem von Jugendlichen zu kämpfen. In Fachkreisen wird von Perspektivlosigkeit hinsichtlich der Entwicklung solcher ländlichen Räume gesprochen. Der ortsansässige Kunstverein will in besseren Kontakt zu den Dorfbewohner/innen kommen. Konzeptioneller Ansatz
Was passiert, wenn die Perspektive fehlt? Nehmen wir dann keine Standpunkte mehr ein? Gehen unsere Ansichten und Aussichten an verloren? Wie stellen wir dann – ohne jede Perspektive – die Verhältnisse dar? Der Begriff Perspektive hat drei Bedeutungsebenen: 1. Betrachtungsweise von einem bestimmten Standpunkt aus 2. Aussichten auf die Zukunft bezogen 3. Darstellung räumlicher Verhältnisse und Gegenstände dem Augenschein entsprechend Die ersten zwei Bedeutungsebenen ließen sich direkt in den Raum (Dorf, Landschaft) übertragen: auf der Gemeindegemarkung wurden „Standpunkte“, an denen sich (fehlende) Blickwinkel und Aussichten zeigten, lokalisiert und sollten untersucht werden. Die dritte Bedeutungsebene bezog sich auf die Darstellung von Verhältnissen: in einer Situation, in der die Perspektive fehlte, müsste eine eigene Darstellungsweise entwickelt werden. Eine, die ohne Perspektive auskommt. Kurzbeschreibungen der Projekte perspektiven (1) umfasste eine künstlerische Recherche, die sich schnell auf die gesamte Gemeinde, die aus 12 Dörfern besteht, ausweitete. Die Gemeindereform und damit das Zusammenwachsen der 12 Dörfer zu einer Gemeinde war in aller Munde. Ebenso kamen die hohe Arbeitslosigkeit und die massive Abwanderung von Jugendlichen immer wieder zur Sprache. Vielerorts wurde von Perspektivlosigkeit gesprochen, die sich in ländlichen Gegenden ausbreiten würde. Für jedes Dorf der Gemeinde Steinhöfel gestaltete ich ein Buch mit Fotos, Zeichnungen und Aussagen von Dorfbewohner/innen über das jeweilige Dorf. Diese 12 Bücher waren nicht nur Ergebnis meiner Recherche oder künstlerisches Werk. Sie waren vor allem ein Arbeitsmittel. Die Dorfbewohner/innen hatten Gelegenheit die Aussagen zu ergänzen, ihnen zu widersprechen oder sie zu korrigieren. Die Bücher waren zuerst im Garten der Kunstvereins ausgestellt. In perspektiven (2) wanderten sie über die Dörfer. In perspektiven (2) fanden 12 Offene Runde – in jedem Dorf eine – statt. Ich lud alle Dorfbewohner/innen dazu ein. An den Abenden projizierte ich Fotos und Aussagen zu den Dörfern an die Wand. Dies bot Anlass zum allseitigen Austausch von Perspektiven, Ansichten und Aussichten auf, über und in den Dörfern. Außerdem bestimmten wir in Frage kommende Standpunkte. Ergebnis war der erste Stand eines Archivs von entsprechenden Orten. Dies wurde in einer Abschlussveranstaltung präsentiert und dem Bürgermeister übergeben und war später im Kunstverein ausgestellt. perspektiven (3) war angestoßen von den Gemeindemitgliedern, die den Jugendlichen eine besondere Rolle im Projekt zuwiesen: ihre Perspektive sollte einfließen und sie sollten Grundlagen für die Darstellungsweise entwickeln. Jugendliche in Heinersdorf nahmen den Impuls auf und realisierten mit meiner Unterstützung das dritte Projekt: sie erforschten fotografisch ihre (fehlenden) Perspektiven und kamen in einer großen Ausstellung mit den übrigen Gemeindemitgliedern darüber ins Gespräch. |
|